Dr. Gero-Falk Borrmann

Rechtsanwalt und Autor von Fachliteratur

Author: Gero Borrmann (page 1 of 2)

Das Vermögensrecht ist überarbeitet – aktuell, sicherheitsorientiert, systemstabilisierend –

  • gemeinsam mit Ulrich Paschek –

Die Änderung des Vermögensrechts der Sozialversicherung war dringlich. Anders
als gesetzlich gefordert, konnten die Sozialversicherungsträger den Zahlungsverkehr und
Vermögensanlagen im privaten Bankenbereich nicht mehr vollständig absichern, weil die
Sicherungseinrichtungen zur Stabilisierung ihres Finanzsystems im Bankenbereich den
Schutzbereich ab dem Jahre 2023 sukzessive limitieren.
Die notwendige Gesetzesanpassung an den veränderten Kapitalmarkt wurde genutzt, um
auch gleichzeitig das seit 1976 im Wesentlichen gleich gebliebene Vermögensrecht gründlich und systemgerecht zu novellieren. Diese Gesetzesänderungen standen in einem Spannungsfeld: mehr Zentralisierung der wachsenden bundeszuschussfinanzierten Sozialversicherung auf die unmittelbare Staatsverwaltung oder mehr privatisierungsorientierte Politik im Sinne der sogenannten New Private Policy.

https://www.kbs.de/SharedDocs/Downloads/DE/kompass/2

Neue Sondervermögen

 

Sondervermögenein Wachstumsschub für die Dienstleistungsbranche?

Die Verwaltung der neuen Sondervermögen im Renten- und Bundeswehrbereich ist bisher in der öffentlichen Diskussion wenig beachtetet worden. Die Verwaltungskosten der Fondsmittel in Höhe von rd. 25 % des Bundesaushalts sind nicht quantifiziert, dürfte aber nicht zum Nulltarif zu durchzuführen sein. Die geringen Vorgaben in Gesetzesentwurf bzw. im Koalitionsvertrag deuten darauf hin, dass auch Dritte außerhalb der staatlichen Organisation in die Verwaltung mit einbezogen werden sollen. Angesichts der Affinität der Politik des New Public Management zu den Angeboten der privaten nationalen und globalen Dienstleistungsbranche könnte dies für die erheblich gewachsene Beraterbranche nicht nur einen quantitativen, sondern auch einen qualitativen Wachstumsschub bedeuten; es geht hier nicht um Beratung in Einzelprojekten, sondern um ganzheitliche ressortübergreifende Konzepte für Strategie, Steuerung und Umsetzung neuer staatlicher Organisationseinheiten.

Der Beitrag skizziert das bisherige Vordringen privater Dienstleister in den öffentlichen Sektor mit einem Umsatz von rd. 3,5 Mrd. € und macht letztlich auf den Demokratieverlust aufmerksam, wenn sich der Staat in Nebenhaushalte verästelt und privaten Dienstleistern gestattet wird, ihre Interessen durchzusetzen, die nicht deckungsgleich mit den Gemeinwohlinteressen sind.

in: WzS 2022, 231 ff.

Eine unabhängige Rechnungsprüfung in der Rentenversicherung – unabhängig wovon

In seinen  Bemerkungen 2019 beanstandet der BRH  die Zuständigkeit der internen Rechnungsprüfung in der Rentenversicherung. Die rechnungsprüfende Innenrevision sei nicht in ausreichendem Maße unabhängig; sie ist zumeist mittelbar dem Vorstand unterstellt, der auch die Jahresrechnung aufstellt. In der Vergangenheit hatte der BRH die Zuständigkeit interner Prüfstellen im Bereich der Krankenversicherung beanstandet; der Gesetzgeber hat darauf-hin die Zuständigkeit von Wirtschaftsprüfern angeordnet. Nunmehr soll das BMAS der Deutschen Rentenversicherung durch Verordnung vorgeben, wie die Rentenversicherungsträger ihre Jahresrechnungen unabhängig und nach verbindlichen Standards zu prüfen haben.
Der Beitrag macht deutlich machen, dass andere Ausgestaltungen der Unabhängigkeit auch andere Abhängigkeiten bedingen. Es werden zielorientiert Lösungswege darauf überprüft, ob eine andere Ausgestaltung der Rechnungsprüfung dazu beiträgt, dass die selbstverwalteten und föderativ verfassten Rentenversicherungsträger mit den Beitrags- und Steuermitteln wirtschaftlicher umgehen. Es wird vorgeschlagen, die bisherige Prüfung der Innenrevisionen durch ein Cross Audit der Innenrevisionen der Träger qualitätssichernd zu ergänzen.

in: Die Rentenversicherung, 2020 S. 67 ff.

Mehr Transparenz in der externen Beratung – Haushaltssystematik informativ ausbauen-

Knapp jeden zehnten Euro verdienen Unternehmensberater in Deutschland durch Projektarbeit im Öffentlichen Sektor. 2018 waren dies rd. 3,4 Mrd. €. Der Beratungsmarkt hat hohe Zuwachsraten. In welchem Umfang die einzelnen Bundesressorts und Körperschaften zu diesem Gesamtaufwand beitragen, ist sowohl qualitativ wie quantitativ nicht eindeutig, sondern mit Unsicherheiten behaftet. Der Beitrag fordert mehr Transparenz in der externen Beratung und skizziert Lösungsansätze im System der Haushaltssystematik. Es sollen klare Grundlagen für die parlamentarischen Meinungsbildung bestehen. Parlament und Öffentlichkeit müssen abwägen können, ob der erzielbare Mehrwert aus der wachsenden Inanspruchnahme externer Berater dem wachsenden Ausgabevolumen entspricht.

Sozialer Fortschritt 2020 S.129

Externe Beratungsprüfung – ein wachsender Kompetenzverlust für die Verwaltung

In einer Zeit, in der die zunehmende externe Beratung kritisch hinterfragt wird, soll auf gesetzlicher Grundlage eine Beratungslinie durch private Dienstleister gesetzlich fundiert werden. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) entspricht mit neueren Gesetzesvorlagen zur Geschäfts-, Rechnungs- und Betriebsführung im Bereich der Krankenversicherung der Strategie der großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Deren Geschäftsfeld soll im öffentlichen Sektor über das Prüfgeschäft hinaus im Beratungsgeschäft langfristig erweitert werden, nachdem das Prüfgeschäft der Wirtschaftsprüfer in den vergangenen Jahren bereits sukzessive ausgebaut worden ist. Der Beitrag setzt sich kritisch ablehnend mit der vom Gesetzestitel nicht erfassten Regelung sowie mit einer in die Ausschussberatungen nachgeschobenen Ergänzung im Entwurf des Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) auseinander.

WzS 2019, S. 94 ff.

Neuorganisation einer unabhängigen Rechnungsprüfung in der Rentenversicherung

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage:  Wie kann die vom Bundesrechnungshof geforderte Umstrukturierung der Rechnungsprüfung in der Rentenversicherung unter Beachtung der Grundprinzipien der Sozialversicherung durchgeführt werden?

Unter Berücksichtigung eines gewandelten Verständnis der Rechnungsprüfung werden als Alternativen diskutiert:

  • externe Wirtschaftsprüfung
  • staatliche Rechnungsprüfung in einem Prüfverbund innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bundesrechnungshof unabhängig von der Rechnungsprüfung im korporativen Entlastungsverfahren die Träger der Rentenversicherung prüft und somit zwei Prüfschienen bestehen.

Der Einsatz von Wirtschaftsprüfern entspricht der Politik des sog. New Public Management, d.h. gleiche Konzepte für Staat und Private zu nutzen, wobei die Unterschiede zwischen dem öffentlichen Sektor (Gesetzesvollzug) und dem privaten Sektor (gewinnorientierte Entfaltung der Privatautonomie) häufig vernachlässigt werden.
Die Wirtschaftsprüfung richtet insbesondere den „Blick von außen“ darauf, ob das Geld für die Stakeholder reicht. Die am HGB orientierte Wirtschaftsprüfung hat sich nicht darauf zu erstrecken, ob die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zugesichert werden kann (§ 317 Abs. 4 a HGB).

Dagegen ist für die Prüfung im öffentlichen Sektor, ausgehend von der verfassungs-rechtlichen Vorgabe (Art. 114 GG), kennzeichnend, ob das Verwaltungshandeln wirtschaftlich (sog. Minimalprinzip) war und der Träger sorgsam mit den Beitragsmitteln umgegangen ist.

veröffentlicht in: RVaktuell 2018, 241.

EPSAS – neue europäische Rechnungslegung

Privatisierung der Budgethoheit durch eine europäische Hintertür 

Bestrebungen der EU, die Regeln über die Rechnungslegung für alle Mitgliedsstaaten zu vereinheitlichen, werden in der vorgesehenen Weise  kritisch gesehen. Die neuen Regeln sollen sich an den Internationalen Standards (sog. IPSAS) orientieren. Die Standards werden letztlich von einer privaten Organisation in New York (sog. EPSAS Board) formuliert werden. Anlass zu diesem Beitrag war ein offener Brief des Präsidenten des BRH an das IDW, in dem er eine Vereinnahmung der Normsetzung der Rechnungslegung durch die BIG4 im europäischen Raum ablehnt .  Als abschließende Stellungnahme führte der BRH aus:

Staatliche Handlungsfähigkeit erodiert, wenn mögliche Rechtsakte der Europäischen Union in nicht unerheblicher Weise von Unternehmen mit ausgestaltet werden, die sich darüber neue Märkte und Umsätze schaffen können.

In dem Beitrag werden die bisherigen nationalen und europäischen Einzelaktivitäten, insbesondere der BIG4, als Elemente einer Gesamtstrategie dargestellt. So haben Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und auch das IDW Rechnungsprüfung und Normsetzung übernommen, und zwar im Bereich der Sozialversicherung

– die Rechnungsprüfung als Vorbehaltsaufgabe der Wirtschaftsprüfer im Bereich der Krankenversicherung
sowie
– die Normsetzungsbefugnis für die Wirtschaftsprüfer in sog. Prüfungshinweisen des IDW, als Think Tank und Interessenvertretung der Wirtschaftsprüfer.

Parallel zur Prüfungsarbeit werben insbesondere die BIG4 bei Kostenträgern, wie Krankenkassen, Bundesagentur für Arbeit, Unfallversicherung sowie die Deutsche Rentenversicherung, um betriebswirtschaftliche Beratungsaufträge im Management- und im Strategiebereich sowie für ein sog. Compliance System einschl. Rechtsberatung. Die Leistungserbringer würde aber ebenfalls geprüft und beraten, wobei die Rechnungs-/Wirtschaftsprüfung als Ankergeschäft instrumentalisiert werden kann.

Mit der Gestaltung der Rechnungslegungsvorschriften in sehr verselbstständigten EU Gremien würde diese Gesamtstrategie in einem großen Schritt weitergeführt, dem dann im nächsten Schritt die Budgetvorschriften folgen können

RVaktuell 2018, S.119

Der Artikel ist unter dem Suchwort: Deutsche Rentenversicherung – RVaktuell 2018, Erscheinungsdatum 01.09.2018 abrufbar.

Parität in der Krankenversicherung – wie lange?

Der Beitrag beleuchtet ein Spannungsverhältnis zwischen Absprachen im Koalitionsvertrag vom 12.3.2018 bezüglich des zu erwartenden Ausgabenzuwachses..
Einerseits: Ab 1. Januar 2019 werden die Beiträge zur Krankenversicherung wieder in gleichem Maße von Arbeitgebern und Beschäftigten geleistet. Der bisherige Zusatzbeitrag wird paritätisch finanziert
Andererseits: Die Sozialabgaben wollen wir im Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern bei unter 40 Prozent stabilisieren.Die Sozialabgaben wollen wir im Interesse von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern bei unter 40 Prozent stabilisieren.
Soweit unmittelbare Wechselwirkungen zwischen Zusatzbeitrag und Obergrenze des Gesamtsozialversicherungsbeitrags bestehen, wäre die „Rückkehr zur Parität“ lediglich eine Aufstockung der paritätischen Verbeitragung von 14,6 auf 15,7 %. Der Beitrag erörtert die Frage: Wird auch der künftige Ausgabenzuwachs paritätisch finanziert werden?
WzS,  2018,  S .215

Die 18. Legislaturperiode – Spiegelungen der Politik in der Haushalts- und Vermögenswirtschaft der Sozialversicherung

Der Beitrag zeigt in einem Rückblick auf die abgelaufene 18. Legislaturperiode, wie Kernthemen der Politik die Novellierungen im Haushalts- und Vermögensrecht gestaltet haben. Ein Schwerpunkthema ist die seit Beginn des Jahrhunderts in Gang gesetzte politische Strategie, die Basis einer einheitlichen, auf dem Solidaritätsprinzip aufgebauten Sozialversicherung step by step zugunsten eines marktwirtschaftlichen Versicherungswesens zu verändern. Auf der Grundlage der bestehenden und der für die Zukunft prognostizierten Beitragssätze wird die Frage behandelt, ob die unter dem Stichwort „demografischer Wandel“ beschlossenen Gesetze als fürsorgliche Zukunftsorientierung der Entlastung künftiger Beitragszahler dienen oder vorrangig aktuelle Interessenpolitik umsetzen. Ferner werden neue ablauforganisatorische Haushaltsregelungen kritisch hinterfragt. Im Haushalt verdichtet sich die Politik in Zahlen.

Der Beitrag zeigt in einem Rückblick auf die abgelaufene 18. Legislaturperiode, wie Kernthemen der Politik die Novellierungen im Haushalts- und Vermögensrecht gestaltet haben. Ein Schwerpunkthema ist die seit Beginn des Jahrhunderts in Gang gesetzte politische Strategie, die Basis einer einheitlichen, auf dem Solidaritätsprinzip aufgebauten Sozialversicherung step by step zugunsten eines marktwirtschaftlichen Versicherungswesens zu verändern. Auf der Grundlage der bestehenden und der für die Zukunft prognostizierten Beitragssätze wird die Frage behandelt, ob die unter dem Stichwort „demografischer Wandel“ beschlossenen Gesetze als fürsorgliche Zukunftsorientierung der Entlastung künftiger Beitragszahler dienen oder vorrangig aktuelle Interessenpolitik umsetzen. Ferner werden neue ablauforganisatorische Haushaltsregelungen kritisch hinterfragt. Im Haushalt verdichtet sich die Politik in Zahlen.

RVaktuell 2018, 7 ff.

https://www.deutsche-rentenversicherung.de

Demografischer Wandel und Sozialversicherung

Demografischer Wandel und Sozialversicherung

Zwischen Zukunftsvorsorge und Interessenpolitik

Der Altersaufbau verändert sich in den nächsten 40 Jahren durch die hohen Geburtenraten bis 1967 und die anschließenden niedrigen Geburtenraten sowie eine längere Lebenserwartung. Dieser demografische Wandel ist Gegenstand umfassender Diskussionen des Gesetzgebers, der Politik, von Interessengruppen und in sozialen Netzwerken (#demografischer Wandel). Die Bevölkerungsvorausberechnungen treffen angesichts ihres Prognose-Charakters keine eindeutigen Aussagen darüber, wie es um die deutsche Gesellschaft im Jahr 2030 oder 2060 exakt bestellt sein wird. Der Beitrag gibt einen Überblick über die Gesetzesänderungen sowie die divergierenden Anpassungsvorschläge in der Sozialversicherung und fordert auf, als Orientierung in der Diskussion in jedem Einzelfall zu fragen: Stabilisiert der Vorschlag die soziale Sicherung in der Zukunft und wem nützt die Regelung?

 

Der Aufsatz basiert auf einem Vortrag, den der Verfasser am 27. Januar 2017 bei dem Erfinderforum Bottwatal gehalten hat.

Kompass 2018, März/April , S. 1.ff.

www.kbs.de.

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