Mit der Übertragung der Rechnungsprüfung des Gesundheitsfonds auf Wirtschaftsprüfer würde der Markt der Wirtschaftsprüfer in die unmittelbare Staatsverwaltung erweitert und das Einflusspotential der großen Prüfungsgesellschaften im Prüfungs- und Beratungsgeschäft des gesamten Gesundheitsmarkts, also der Krankenkassen, aber auch der Pharmaindustrie, Krankenhausgesellschaften und anderer Leistungserbringer verstärkt. Der Gesundheitsfonds im Umfang von rd. 185 Mrd.€ (rd.15% des Staatshaushalts) organisiert die Finanzflüsse als zentrales Steuerungsinstrument im Krankenkassensystem. Die Verwaltung obliegt dem Bundesversicherungsamt als Teil der unmittelbaren Staatsverwaltung.
Der vorliegende Gesetzentwurf widerspricht einer früheren Beschlussfassung des Parlaments. Im Jahre 2012 war die Rechnungsprüfung der Krankenkassen Wirtschaftsprüfern, d.h.den großen Gesellschaften und die Normsetzung dem IDW in Prüfungshinweisen übertragen. Damit war bereits ein Schritt in die Staatsverwaltung, wenn auch noch in die mittelbare Staatsverwaltung vollzogen. Der Gesundheitsfonds wurde damals ausgespart. Der Antrag des Gesundheitsausschusses im Jahre 2011 sah vor: “Die für Krankenkassen zukünftig vorgesehenen Prüfungs- und Testierungspflichten durch Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer gelten nicht für den Gesundheitsfonds”. Bundestag und Bundesrat hatten entsprechend beschlossen.
Die national und global agierenden Wirtschaftsprüfungsgesellschaften drängen in neue Marktsegmente. Im Prüfungsgeschäft geht der personelle Einsatz im Umfang des wachsenden EDV Einsatzes zurück; ferner brechen Non Audit Aufgaben durch EU unmittelbar geltendes Recht künftig weg. Zu den neuen angestrebten Marktsegmenten gehört einmal das Rechnungswesen des Öffentlichen Sektors und zum anderen die Erweiterung der prüfungsnahen und weitergehend der prüfungsfernen Beratung, das sogenannte Consulting.
Die vorgesehene Gesetzesänderung läuft parallel zu der Diskussion im EU Bereich, die von einem global agierenden Wirtschaftsprüfergremium beschlossenen Rechnungslegungsstandards (International Public Sector Accounting Standards /IPSAS) als Europäische Standards festzuschreiben und damit den großen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften den Einstieg in das Rechnungswesen des öffentlichen Sektor europaweit zu ermöglichen. Die Übertragung der Rechnungsprüfung des Gesundheitsfonds würde als ein starkes Signal der Bundesrepublik Deutschlands zu werten sein, die Wirtschaftsprüfer -entsprechend deren Marktstrategie- in das Rechnungswesen des öffentlichen Sektors im gesamten EU Bereich federführend einzubeziehen. Bundestag, Bundesrat und der BRH sehen dagegen in der Einführung von einheitlichen Rechnungsführungsgrundsätzen erhebliche Risiken, vor allem Kostenrisiken.
Der Beitrag misst die vorgesehenen Gesetzesänderung an den in der Gesetzesbegründung genannten Zielen (unabhängige Prüfung und Transparenz in Bezug auf die finanzielle Situation des Gesundheitsfonds) und kommt zu dem Ergebnis, dass es der vorgesehenen Gesetzesänderung nicht bedarf.
Der Beitrag setzt sich für eine staatsinterne stringentere Prüfung des Gesundheitsfonds, etwa durch Innenrevision, Prüfdienste der Krankenkassen oder den BRH ein, weil sie der in den Artikeln 110 bis 114 GG vorgezeichneten Struktur des Haushaltskreislaufs mehr entspricht. Dabei können betriebswirtschaftliche und handelsrechtliche Elementen Abläufe der öffentlichen Verwaltung vitalisieren.
Der Bundesrat hatte den Regierungsentwurf in seiner Stellungnahme abgelehnt (Bundesratsdrucksache 641/14); der Bundestag folgte der nicht zustimmungspflichtigen Regierungsvorlage. Die Regelung wurde am 22.7. 2015 im Bundesgesetzblatt 2015 I, S. 1211 verkündet.