Dr. Gero-Falk Borrmann

Rechtsanwalt und Autor von Fachliteratur

Tag: Finanzmarktkrise

Kommentar §§ 67 bis 86 SGB IV

Kommentierung in Hauck/Noftz, SGB IV §§ 67 bis 86 SGB IV

Die umfassende Kommentierung des Haushalts- und Vermögensrecht der Sozialversicherungsträger wird regelmäßig aktualisiert.

Fundstelle: Hauck/Noftz, SGB IV, Hauck/Noftz, Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung, Bandherausgeber Prof. Dr. Udsching

Erich Schmidt Verlag GmbH und Co KG, Berlin, www.ESV.info; auch SGBdigital (SGB IV); auch SGBdigital (SGB IV)


Ich kommentiere:

§§ 67 bis 79 SGB IV

4. Abschnitt: Träger der Sozialversicherung Titel 3: Haushalts- und Rechnungswesen
Das Haushaltsrecht der Sozialversicherung, 1976 als Teil des Sozialgesetzbuches kodifiziert, wird durch das

Haushaltsrecht der unmittelbaren Staatsverwaltung (Art. 109 ff GG, Haushaltsgrundsätzegesetz, Bundeshaushaltsordnung) geprägt.

Hervorzuhebende Gesetzesänderungen in den letzten Jahren und künftige Entwicklungstendenzen ergeben sich

  • durch die Bildung neuer Nebenhaushaltse in Sondervermögen mit nichtstaatlicher Managementbeteiligung
  • durch stärkere Einbindung von Wirtschaftsprüfer und Berater soaie insgesamtduch
  • betriebswirtschaftliche Orientierung der Sozialversicherung, die zugespitzt im sog. Hartz Gutachten bereits im Jahre 2002 wie folgt zum Ausdruck gebracht ist

Künftig bedarf es der konsequenten Outputorientierung – der punktgenaue Mittelabfluss als Hauptsteuerungsinstrument (Input-Budgetierung) muss künftig vermieden werden.…Eine plausible Verknüpfung von Leistungsdaten mit Finanzströmen kann nur erfolgen, wenn der Haushalt der BA künftig außerhalb der Restriktionen der Bundeshaushalts-ordnung (BHO) geführt wird.“ (Zitat aus dem Hartz Gutachten).

 


§§ 80 bis 86 SGB IV

4. Abschnitt: Träger der Sozialversicherung Titel 4: Vermögen
Das Vermögensrecht der Sozialversicherung, geprägt durch die Grundsätze der Anlagesicherheit, Liquidität sowie Ertragserzielung und faktisch mit einem Finanzvolumen von über 40 Mrd. € (2007), ist zur Zeit durch zwei Strömungen in der Kommentierung aufzubereiten:

  • die Finanzmarktkrise, die den Grundsatz der Anlagesicherheit in den Vordergrund rückt sowie
  • der new public policy, die betriebswirtschaftliche Elemente in die als new public policy bezeichnete

Vermögensverwaltung einbringen will. Bestimmend für das Vermögensmanagement ist die Niedrigzinsphase, die allein in der Rentenversicherungen Belastungen in zweistelliger Millionengröße bewirkt. Rentablere Anlageformen sind allerdings auch mit höherem Risiko verbunden und verlassen die auf Sicherheit ausgelegte konservative Anlagestrategie der Sozialversicherung.


§ 117 SGB IV

8. Abschnitt: Übergangsvorschriften
Die Vorschrift mit der Überschrift “ Verwaltungsausgaben der knappschaftlichen Krankenversicherung der Rentner“ enthält eine Sonderregelung für den Bereich der Knappschaftsärzte.


§ 123 SGB IV

8. Abschnitt: Übergangsvorschriften
Die Vorschrift mit der Überschrift “ Übergangsregelung“ enthält Bestandsschutz für bisherige Anlagen, die durch das 7. und 8SGB IV Änderungsgesetz künftig eingeschränkt werden..

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Die Kommentierung wurde zuletzt  u.a. durch folgende Themen ergänzt:

    • Compliance gewinnt größere Bedeutung, da die stärker werdende Ökonomisierung, der Sozialversicherungsträger im Wettbewerb besondere Anforderungen stellt
    • Haushaltsausgleich durch globale Minderausgaben und die Gefahr des Scheinausgleichs
    • Kreditfinanzierung von Investitionen
    • staatliche Mitwirkung bei der Haushaltaufstellung und Haushaltsausführung
    • gemeinnützige Darlehn als ordnungsgemäße Verwaltung oder als Rücklage
    • Anlage des Deckungskapitals für Altersvorsorgeverpflichtungen in der Niedrigzinsphase

Die nächste Lieferung wird sich u.a. mit folgenden Themen befassen:

  • Aktualisierungen des  Vermögensrechts durch das 8. SGB IV Änderungsgesetz; mit der Novelle wurde das Vermögensrecht erstmals nach 1976 gründlich überarbeitet.
  • Einzelheiten siehe in der Übersicht Publikationen.

 

Finanzmarktkrise

Finanzmarktkrise-Vermögensmanagement-Kontrolle-Budgethoheit

-Aktuelle Grenzlinien im Haushalts- und Vermögensrecht der Sozialversicherung-

Aktuelle Gestaltungsfragen der Politik spiegeln sich auch im Haushalts- und Vermögensrecht der Sozialversicherung.

Vorsichtsprinzip:

In Zeiten finanzwirtschaftlicher Unsicherheiten kommt dem Vorsichtsprinzip besondere Bedeutung zu und fordert vom Management besondere betriebswirtschaftliche Analyseinstrumente, wie Compliance-Funktion, Risikomanagement, Risikocontrolling-Funktion und Interessenkonfliktmanagement.

Bundesrechnungshof:

Es ergibt sich Diskussionsbedarf für die Verortung des Bundesrechnungshofs in dem Spannungsfeld zwischen Kontrolle und Beratung. Wenn der Lotse in stärkerem Masse das Steuer übernimmt, führt dies zu unklaren Verantwortlichkeiten. Im Hinblick auf die „kontrollierende Zweitinterpretation der Kontrolle“ kommt dem juridical self restraint, dem sich Zurücknehmen in der Beratung besondere Bedeutung zu, damit jeder Bereich seine ihm zugeordneten Funktionen wahrnehmen kann.

Budgethoheit des Parlaments:

Die Budgethoheit des Parlaments war Gegenstand verfassungsgerichtlicher Entscheidungen. Die Budgethoheit des Parlaments erstreckt sich nicht auf die Zuständigkeit des Petitionsausschusses in finanzwirtschaftlichen Fragen.

Zusammenfassend ergeben sich folgende Ergebnisse bei der Diskussion erörterten aktuellen Fragen:

  1. Dem Grundsatz der Anlagesicherheit (Anlageart, Einlagesicherheit, Bonität des Schuldners) kommt im Hinblick auf die Finanzmarktkrise besondere Bedeutung zu.
  2. Zusätzliche Anforderungen an das Vermögensmanagement (Compliance Funktion Risikomanagement, Risikocontrolling Funktion und Interessenkonfliktmanagement) sind im Hinblick auf die Anlagesicherheit unter Berücksichtigung der Bedingungen des öffentlichen Bereichs auszuloten.
  3. Eine Verwaltungsvorschrift mit Mindestanforderungen an das Risikomanagement „MaRisk für öffentliche Träger“ wird nicht für erforderlich gehalten. Die Übernahme von Sicherheitsvorkehrungen aus dem privaten Bereich ergibt letztlich keine Sicherheit vor Verlusten, wie die Ausbuchungen im privaten Versicherungsbereich, der der MaRisk VA unterliegt, zeigen.
  4. Allerdings kann die Beschäftigung mit den neuen bzw. neu formulierten Instrumenten sowie die Sammlung, Auswertung und Neufassung der bestehenden unterschiedlichen Anlagerichtlinien der Träger sowie der Grundlagen für Institutionen einen verwaltungsmäßigen Prozess in Gang setzen, der die Akteure innerhalb der Verwaltung risikobewusster und sensibler für diese Fragen macht und sie veranlasst, innerhalb der Körperschaft risikoorientierter zu agieren.
  5. Die Einbindung der Selbstverwaltung in diesen Prozess der Neujustierung dürfte qualitätssteigernd sein, da die Mitglieder der Selbstverwaltung in der Regel in ihren Institutionen näher an der Lebenswirklichkeit der Versicherten stehen, in andere Berufsfelder eingebunden sind und damit die dort erreichten Erfahrungen und Sichtweisen einbringen. Die Mitglieder der Selbstverwaltung können auch gleichsam Transmissionsriemen zu den Versicherten sein, um vertrauensbildend gegenüber den publizierten Mängellisten der BRH zu wirken.
  6. Die Bestrebungen der EU Kommissionen zur Unterbindung der Doppelfunktion von Prüfung und Beratung großer Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gibt Veranlassung, auch im öffentlichen Bereich das Verhältnis zwischen Beratung und Kontrolle zu überprüfen. Im Hinblick auf die „kontrollierende Zweitinterpretation der Kontrolle“ kommt dem juridical self restraint, dem sich Zurücknehmen in der Beratung besondere Bedeutung zu, damit jeder Bereich seine ihm zugeordneten Funktionen wahrnehmen kann und nicht in der Funktionsausübung eingeengt wird. Ferner könnten innerorganisatorische Änderungen im BRH Beratung und Prüfung klarer trennen.
  7. Der Budgethoheit des Parlaments erstreckt sich nicht auf die Zuständigkeit des Petitionsausschusses in finanzwirtschaftlichen Fragen und gestattet es nicht, dass die Exekutive aus Gründen der Geheimhaltung oder im Hinblick auf Bedingungen eines Verhandlungspartners bzw. im Hinblick auf allgemeine Risiken (z.B. Kursschwankungen am Aktienmarkt) mit außerplanmäßigen Genehmigungen arbeitet.

Fundstelle: RVaktuell 2012, Seite 67 ff http://www.deutsche-rentenversicherung- bund