Dr. Gero-Falk Borrmann

Rechtsanwalt und Autor von Fachliteratur

Tag: wirtschaftsprüfung

Eine unabhängige Rechnungsprüfung in der Rentenversicherung – unabhängig wovon

In seinen  Bemerkungen 2019 beanstandet der BRH  die Zuständigkeit der internen Rechnungsprüfung in der Rentenversicherung. Die rechnungsprüfende Innenrevision sei nicht in ausreichendem Maße unabhängig; sie ist zumeist mittelbar dem Vorstand unterstellt, der auch die Jahresrechnung aufstellt. In der Vergangenheit hatte der BRH die Zuständigkeit interner Prüfstellen im Bereich der Krankenversicherung beanstandet; der Gesetzgeber hat darauf-hin die Zuständigkeit von Wirtschaftsprüfern angeordnet. Nunmehr soll das BMAS der Deutschen Rentenversicherung durch Verordnung vorgeben, wie die Rentenversicherungsträger ihre Jahresrechnungen unabhängig und nach verbindlichen Standards zu prüfen haben.
Der Beitrag macht deutlich machen, dass andere Ausgestaltungen der Unabhängigkeit auch andere Abhängigkeiten bedingen. Es werden zielorientiert Lösungswege darauf überprüft, ob eine andere Ausgestaltung der Rechnungsprüfung dazu beiträgt, dass die selbstverwalteten und föderativ verfassten Rentenversicherungsträger mit den Beitrags- und Steuermitteln wirtschaftlicher umgehen. Es wird vorgeschlagen, die bisherige Prüfung der Innenrevisionen durch ein Cross Audit der Innenrevisionen der Träger qualitätssichernd zu ergänzen.

in: Die Rentenversicherung, 2020 S. 67 ff.

Neuorganisation einer unabhängigen Rechnungsprüfung in der Rentenversicherung

Der Beitrag beschäftigt sich mit der Frage:  Wie kann die vom Bundesrechnungshof geforderte Umstrukturierung der Rechnungsprüfung in der Rentenversicherung unter Beachtung der Grundprinzipien der Sozialversicherung durchgeführt werden?

Unter Berücksichtigung eines gewandelten Verständnis der Rechnungsprüfung werden als Alternativen diskutiert:

  • externe Wirtschaftsprüfung
  • staatliche Rechnungsprüfung in einem Prüfverbund innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Bundesrechnungshof unabhängig von der Rechnungsprüfung im korporativen Entlastungsverfahren die Träger der Rentenversicherung prüft und somit zwei Prüfschienen bestehen.

Der Einsatz von Wirtschaftsprüfern entspricht der Politik des sog. New Public Management, d.h. gleiche Konzepte für Staat und Private zu nutzen, wobei die Unterschiede zwischen dem öffentlichen Sektor (Gesetzesvollzug) und dem privaten Sektor (gewinnorientierte Entfaltung der Privatautonomie) häufig vernachlässigt werden.
Die Wirtschaftsprüfung richtet insbesondere den „Blick von außen“ darauf, ob das Geld für die Stakeholder reicht. Die am HGB orientierte Wirtschaftsprüfung hat sich nicht darauf zu erstrecken, ob die Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit der Geschäftsführung zugesichert werden kann (§ 317 Abs. 4 a HGB).

Dagegen ist für die Prüfung im öffentlichen Sektor, ausgehend von der verfassungs-rechtlichen Vorgabe (Art. 114 GG), kennzeichnend, ob das Verwaltungshandeln wirtschaftlich (sog. Minimalprinzip) war und der Träger sorgsam mit den Beitragsmitteln umgegangen ist.

veröffentlicht in: RVaktuell 2018, 241.

Die Verwaltung der Sozialversicherungsträger im Spannungsfeld staatlicher und privater Dienstleistung

Seit dem Hartz Gutachten im Jahre 2003 wächst der Einfluss der New Public Policy in der gesamten Sozialversicherung. Der Beitrag erläutert diese Entwicklung, die zu strukturellen Veränderungen in der Sozialversicherung führt, an konkreten Beispielen und fordert den Leser auf, sich zu entscheiden, ob er diese Entwicklung bejaht oder – wie der Verfasser- ablehnt.

Die Rentenversicherung 2016, S. 105ff.

siehe auch: http://www.dierentenversicherungdigital.de/RV.04.2016.105

 

Keine Stärkung der Selbstverwaltung durch Wirtschaftsprüfung – Kritik an den Eckpunkten eines Selbstverwaltungsstärkungsgesetzes –

Der Beitrag setzt sich kritisch mit dem Eckpunktepapier des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zu einem „Selbstverwaltungsstärkungsgesetz“ auseinander, das zielgenauer als „Aufsichtsstärkungsgesetz in der Politik des New Public Management“ firmieren sollte. Kritisiert und abgelehnt wird eine Übertragung der Rechnungsprüfung der Spitzenorganisationen im Gesundheitswesen auf Wirtschaftsprüfer in Alleinzuständigkeit.

siehe auch: http://www.wzsdigital.de/inhalt.html

Wirtschaftsprüfung in der Rentenversicherung

ein Weg zu einer modernen (anderen?) Sozialversicherung?

Der Beitrag analysiert und bewertet mögliche Veränderungsprozesse der selbstverwalteten vom Solidaritätsprinzip geprägten Rentenversicherung unter dem Aspekt, wem die Einbeziehung der Wirtschaftsprüfer in den Haushaltskreislauf der Rentensicherung nützt (cui bono?).
Deutsche Rentenversicherung 2015.225ff.

Der Beitrag führt in der Analyse der Interessenlage der Beteiligten zu folgenden Ergebnissen:

  • Die Übertragung der Rechnungsprüfung auf Wirtschaftsprüfer steht im Kontext mit der Politik des New Public Management, die eine Veränderung des Selbstverständnisses von einer hoheitlichen Verwaltung hin zu einer Dienstleistungsverwaltung mit privatwirtschaftlicher Managementmethoden sowie einen Einflussverlust der Selbstverwaltung beinhaltet.
  • Die Rechnungsprüfung der Rentenversicherung passt nicht nur markterweiternd in die Strategie der Big4, weil ihnen durch EU Recht Aufgaben wegfallen, sondern ist auch Teil der Gesamtstrategie, Rechnungsprüfung und Beratung sowie das Rechnungswesen des öffentlichen Sektors insgesamt durch nationale und internationale Aktivitäten zu vereinnahmen.
  • Es ist nicht ersichtlich, dass die Wirtschaftsprüfung das Rechnungswesen der Rentenversicherungsträger optimiert.
  • Ein Weg zu einer modernen (anderen?) Sozialversicherung ist angelegt, wenn entsprechend der Empfehlung des BRH die Ministerien mit einer zentralistischen und die Big4 mit ihrer betriebswirtschaftlichen Orientierung stärkeren Einfluss auf die Träger der Rentenversicherung gewinnen; das derzeitige System sichert eine im Hinblick auf die generationenübergreifende Aufgabe eine gewisse Staatsferne vom aktuellen tagespolitischen Politikgeschäft und verwirklicht durch die Selbstverwaltung das Demokratieprinzip in der sozialen Sicherung.
  • Die Stellung des BRH als Kontrollorgan dürfte trotz verfassungsrechtlicher Fundierung angesichts des aggressiven und markterweiternden Vorgehen der Big4 langfristig nicht unberührt bleiben. Die scheinbare Liberalisierung nützt global agierenden Großorganisationen und schwächt den Staat in seiner generationenübergreifenden Aufgabe in der Rentenversicherung.

17. Legislaturperiode

Zielspiegelungen im Haushaltsrecht der Sozialversicherung

Die Gesetzes- sowie die Verordnungsnovellen zum Haushaltsrecht der Sozialversicherung in der 17. Legislaturperiode spiegeln allgemeine politische Grundthemen, wie Generationengerechtigkeit und Umlagefinanzierung, stärkere Zentralisierung der Sozialversicherung, zunehmende Hinwendung zum (New) Public Management mit einem vergrößernden Einfluss der Wirtschaftsprüfung mit Normsetzung, wachsenden Einfluss des Bundesrechnungshofs nunmehr stärker als Anwalt der Allgemeinheit, zunehmende Einbindung der Sozialversicherung in die Europäische Union sowie die sich verstärkende Digitalisierung der Verwaltungsverfahren. Der Beitrag kommentiert diese Entwicklung und zeigt auch kritisch die Tendenz des Gesetzgebers auf, strukturelle Novellierungen nicht in breiter parlamentarischer Diskussion vorzubereiten sondern „gleichsam im Hintergrund“ in den Ausschussberatungen kurz vor deren Abschluss an andere umfangreiche Gesetze anzuhängen.

Der Aufsatz enthält in neun Punkten Zusammenfassungen und Bewertungen, und zwar zu folgenden Themen

  • (New) Public Management : Rechnungsprüfung der Krankenkassen, Bundesagentur für Arbeit, BHO und neue Steuerungssysteme
  • Zentralisierung in den Sozialversicherungen
  • Generationengerechtigkeit und Umlagefinanzierung
  • Vom Beruf unserer Zeit zu privater Gesetzgebung
  • Der BRH als Anwalt der Allgemeinheit?
  • Zunehmende Einbindung der Sozialversicherung in die Europäische Union
  • Digitalisierung im Haushaltsverfahren
  • Gesetzesänderungen „im Hintergrund“

Fundstelle: RVaktuell 2013, S. 261ff.

Vorlage des Krankenkassenhaushalts

Wann soll der Haushaltsplan der Krankenkasse der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden?

– Der Haushaltsplan tritt zurück, die Bilanz tritt vor? –

Es geht um die staatliche Mitwirkung bei der Haushaltsaufstellung und letztlich um die Justierung der Bedeutung des Haushaltsplans der Krankenkassen. Gemäß § 70 Abs. 5 SGB IV soll der vom Vorstand der Krankenkasse aufgestellte Haushaltsplan auf Verlangen der Aufsichtsbehörde dieser bereits zum 1. November vorgelegt werden. Das Bundesversicherungsamt gibt seit der Einführung des Gesundheitsfonds und der damit verbundenen Neuregelung des § 220 SGB V die für die Etatisierung der Einnahmen notwendigen Daten nach dem gesetzlichen Vorlagetermin, und zwar in der ersten Novemberhälfte bekannt. Damit ist der Terminplan für die Haushaltsauf- und -feststellung nunmehr unausgewogen. Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es in einer Zeit, in der sich das Haushalts- und Rechnungswesen der Kassen immer stärker dem Handelsrecht nähert und damit Bilanzierung und Wirtschaftsprüfung in den Vordergrund rücken?

Der Aufsatz enthält folgenden Vorschlag:

  • Die Träger der Krankenversicherung und die Träger der Pflegeversicherung haben den – festgestellten – Haushaltsplan spätestens am 1. Dezember vor Beginn des Kalenderjahrs, für das er gelten soll, der Aufsichtsbehörde vorzulegen, wenn diese es verlangt.
  • Der Haushaltsplan ist auchin einer maschinell auswertbaren Form zu übermitteln.
    ( Änderung des § 70 Abs. 5 SGB IV)

Fundstelle : WzS 2013, 167 ff